Gesund Altern
Die Ernährungsweise kann als wichtiger Faktor für die Gesundheit im Alter gesehen werden. Was den Bezug zwischen einer pflanzenbetonten Ernährung und geringerer frühzeitiger Mortalität betrifft, ist es kein Zufall, dass sich die beiden Ernährungsgewohnheiten, die am engsten mit einem langen Leben in Verbindung gebracht werden – die mediterrane Küche und die Okinawa-Diät aus Japan – durch sehr viel pflanzliche Lebensmittel und geringe bis moderate Mengen Fisch und mageres Fleisch auszeichnen.
Die pflanzenbetonte Ernährung wird nicht nur mit einer geringeren Inzidenz von Fettleibigkeit in Verbindung gebracht, sondern auch mit einem geringeren Risiko der wichtigsten nicht übertragbaren Krankheiten und die Hauptursachen für frühzeitige Mortalität – Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und Krebs.
Ernährungsprobleme älterer Menschen können sowohl mit einer übermäßigen als auch mit einer unzureichenden Energieaufnahme und Nährstoffzufuhr zusammenhängen. Ältere Menschen sind oft anfällig für Mangelernährung. Besonders problematisch ist dabei eine ausreichende Proteinzufuhr zur Minderung des Risikos von Muskelschwäche (Sarkopenie). Auf der anderen Seite stellen auch Übergewicht und Fettleibigkeit in dieser Altersgruppe ein Problem dar. Eine pflanzenbetonte Ernährung kann helfen, ein gesundes Gewicht zu halten.
Ein besonderes Augenmerk gilt den Mikronährstoffen, die in der Ernährung älterer Menschen nur unzureichend enthalt sein können. Eine ausreichende Aufnahme von Calcium, Vitamin B12 und D sollte beispielsweise durch den Konsum einer breiten Palette pflanzlicher Lebensmittel ausreichend gewährleistet sein. Auch Ballaststoffe sind von großer Wichtigkeit. Sie können die Darmtätigkeit anregen (die bei älteren Menschen oft Probleme macht) und die mikrobiotische Vielfalt im Darm fördern.
Längeres Leben bei guter Gesundheit
Mehrere Langzeitstudien (sowohl in Europa als auch in den USA) haben gezeigt, dass die Krankheitslast unter Personen, die nie geraucht haben, einen normalen BMI halten, sich regelmäßig bewegen und eine pflanzenbetonte Ernährung verfolgen, deutlich geringer ist als die von Personen, die diese gesunde Lebensweise nicht einhalten.
In einer niederländischen Kohorte von über 33.000 Menschen führte Berechnungen zufolge eine striktere Einhaltung einer pflanzenbetonten Ernährung, im Vergleich zur typisch westlichen Ernährungsweise, insbesondere in Kombination mit anderen positiven Faktoren der Lebensweise (gesundes Körpergewicht, Nichtrauchen und Sport) zu einer geringeren Krankheitslast und etwa zwei Jahren mehr bei guter Gesundheit, quantifiziert als DALY (Disability-Adjusted Life Years).
Die Adventist Health Study 2 (AH-2) ist eine sehr groß angelegte Studie an fast 100.000 nordamerikanischen Anhängern der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, von denen etwa 9 % vegan leben und 31 % Ovo-Lacto-Vegetarier sind. In dieser großen Studienpopulation lässt sich die Auswirkung einer graduellen Verstärkung pflanzenbetonter Ernährung untersuchen. In der AHS-2 war die Mortalität jeglicher Ursache unter allen Vegetariern zusammengenommen um etwa 10 % geringer als bei den Nicht-Vegetariern. In derselben Population wurde festgestellt, dass eine frühe Mortalität mit einer stärkeren Aufnahme von Fleischprotein zusammenhin, wohingegen die Personen, die viel Protein aus Nüssen und Samen aufnahmen, länger bei guter Gesundheit lebten.
Sarkopenie
Was ist Sarkopenie?
Sarkopenie ist der Verlust an magerer Muskelmasse, Kraft und vor allem Muskelqualität und -funktion (Cruz-Jentoft et al. 2010). Dieses Phänomen erfolgt langsam, nach und nach, und ist Teil des natürlichen Alterungsprozesses.
Zwischen dem Alter von 40 und 80 Jahren können etwa 30 bis 50 % der Muskelmasse verlorengehen. Es wird geschätzt, dass man nach dem 50. Lebensjahr1 bis 2 % Muskelmasse pro Jahr verliert, ab dem 60. Lebensjahr sogar 3 %. Der Rückgang von Muskelmasse und -funktion wird pathologisch, wenn er so schwerwiegend ist, dass er zu Stürzen, Schwäche, mangelnder Mobilität und Verlust der Unabhängigkeit führt.
Was führt zu Sarkopenie?
Es ist nicht ganz klar, was eine Sarkopenie verursacht, obwohl eine Reihe von altersabhängigen Faktoren eine Rolle zu spielen scheinen. Dazu zählen: erhöhte Entzündungswerte, mangelnde körperliche Aktivität, Rückgang von Hormonen wie Testosteron und Östrogen, eine Reduktion der Nervenzellen, die die Muskelbewegung kontrollieren sowie Veränderungen von Muskelbildung und Muskelabbau durch den Körper (Malafarina et al. 2012).
Dazu kommt, dass besonders ältere Erwachsene dazu neigen, weniger zu essen. Dies kann zu einer unzureichenden Kalorien- und/oder Proteinaufnahme führen, um gesunde Muskelmasse zu erhalten.
Bedeutung eines gesunden Lebensstils
Eine gesunde Ernährung mit ausreichend hochwertigem Protein und Vitamin D sowie körperliche Aktivität können helfen, gute Muskelmasse und -kraft aufzubauen und zu halten, und das Risiko von Sarkopenie im späteren Leben zu senken.
Verschiedene Faktoren der Lebensweise (sowohl im frühen als auch im späteren Leben) tragen zur Prävention, Verzögerung und Behandlung von Sarkopenie bei:
- Regelmäßige Bewegung ist entscheidend zum Erhalt bzw. zur Steigerung der Muskelmasse.
- Ausreichende Mengen hochwertigen Protein sind wichtig zum Erhalt der Muskelmasse, -kraft und -funktion. Die aktuelle Empfehlung zur täglichen Proteinaufnahme liegt für Erwachsene bei 0,8 g Protein/ kg Körpergewicht. Ältere Personen benötigen eventuell mehr Protein, um eine angemessene Muskelmasse und -funktion zu erhalten. Forscher empfehlen daher eine tägliche Aufnahme von 1,25 bis 1,5 g Protein/ kg Körpergewicht für ältere Erwachsene (Wolfe et al. 2008).
- Eine gleichmäßige Verteilung der Proteinaufnahme über den Tag kann den Muskelaufbau maximieren. Die Empfehlung lautet, 25 bis 30 g hochwertiges Protein mit jeder Mahlzeit aufzunehmen. Tierische Lebensmittel sind zwar gute Proteinquellen, aber oft reicher an gesättigten Fetten. Sojalebensmittel bieten hochwertiges Protein und sind arm an gesättigten Fetten. Der Ersatz tierischen Proteins durch Sojaprotein kann helfen, die Aufnahme gesättigter Fettsäuren zu reduzieren.
- Vitamin D kann ebenfalls hilfreich zum Erhalt der Muskelkraft und zum Senken des Risikos von Sarkopenie sein. Ältere Erwachsene tragen ein erhöhtes Risiko, einen Vitamin-D-Mangel zu entwickeln, da ihre Haut Vitamin D mit dem Alter nicht mehr so effizient synthetisieren kann, weil sie sich eher in geschlossenen Räumen aufhalten und eventuell unzureichend Vitamin D aufnehmen (Bischoff et al. 2003; Prince et al. 2008; Muir & Montero-Odasso 2011).
Quellen
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